Klimaneutralität im Wärmesektor – Ohne Wasserstoff geht es nicht


Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gesamtsystem ist die Dekarbonisierung des Wärme- bzw. Gebäudesektors die vielleicht komplizierteste und anspruchsvollste Aufgabe.

Kontroverse Diskussionen gibt es darum, ob „grüner Wasserstoff“ im Wärmesektor zum Einsatz kommen sollte oder ob die anderen technischen Möglichkeiten wie z.B. „grüne“ Fernwärme, die Elektrifizierung mittels Wärmepumpen und umfangreiche Sanierungsmaßnahmen am Gebäudebestand für die Defossilisierung ausreichen werden.

Verschiedene Studien kommen je nach Standpunkt zu einer großen Bandbreite von Einschätzungen: Einige halten Wasserstoff für mehr oder weniger überflüssig. Andere urteilen, dass die „Wärmewende“ ohne Wasserstoff nicht umsetzbar sein wird.

Wir sind davon überzeugt, dass die Herausforderung der kompletten Emissionsfreiheit des Wärmesektors so hoch ist, dass alle technologischen Optionen ausgeschöpft werden müssen. Ein Vergleich mit dem deutlich weniger heterogenen Mobilitätssektor zeigt: Selbst hier ist die Klimaneutralität nur durch eine starke Verringerung des Energiebedarfs und das gleichzeitige Ausschöpfen aller emissionsfreien technologischen Optionen realisierbar.

Ein oberflächlich betrachtet unschlagbares Argument für die Elektrifizierung des Wärmemarkts scheint dabei der im Vergleich zu anderen Heizungstechnologien deutlich höhere Wirkungsgrad der Wärmepumpe darzustellen. Üblicherweise wird von einer Jahresarbeitszahl von 3,5 ausgegangen. Unseren Analysen zufolge stößt die Wärmepumpe, besonders in Altbauten jedoch an ihre Grenzen und erreicht in diesen Fällen deutlich niedrigere Jahresarbeitszahlen von ca. 2. Hier wären umfangreiche und kostspielige Eingriffe ins Gebäude notwendig, um die notwendigen größeren Flächenheizungen zu installieren. Diese Investitionen werden beim Technologievergleich gerne vergessen.

Gerade für ältere Bestandsgebäude, in denen heute Gas- oder Ölbrennwertkessel im Einsatz sind und die nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen werden können, kann eine wasserstoffbasierte Heizungslösung in Form einer Umrüstung auf einen H2-ready-Brennwertkessel die günstigere Option zur Emissionsfreiheit darstellen.

Wasserstoff sollte also nach heutigem Stand einen wichtigen Beitrag im Wärmesektor leisten. Für einen gezielten und dosierten Einsatz von Wasserstoff im Wärmesektor wären außerdem keine utopisch hohen Mengen erforderlich. Würde man beispielsweise die 10 % der vor 2010 erbauten Gebäude, bei denen eine Elektrifizierung besonders schwierig ist, stattdessen mit Wasserstoff versorgen, würde dies einem Bedarf von ca. 50 bis 60 TWh entsprechen, also ziemlich genau der Menge des heutigen Wasserstoffbedarfs. Angesichts der Ambitionen der Nationalen Wasserstoffstrategie (90 bis 110 TWh bis 2030) wäre eine solche moderate Hydrogenisierung des Wärmemarktes bis Ende der 2030er Jahre keine Überforderung.

Ganz zu schweigen davon, dass für die Elektrifizierung ein erheblicher Ausbau der Infrastruktur, d.h. Stromnetze und ggf. Speicher, erforderlich ist, während für Wasserstoff weitgehend auf bestehende Gasinfrastruktur zurückgegriffen werden kann, die lediglich umgerüstet werden muss.

Gestützt auf unsere Projekterfahrung, beraten wir Sie zu Wasserstoff im Wärmemarkt, und darüber hinaus.

 

Ansprechpartner: Ralf Nellen und Dr. Norman Ruhnke