Perspektiven für Steinkohlekraftwerke und deren Standorte vor dem Hintergrund des Kohleausstiegs


Ein fünf Jahre altes und für 2,8 Mrd. Euro errichtetes Steinkohlekraftwerk wird zur Stilllegung angeboten?! Auch wenn die Situation um das Kraftwerk Moorburg in Hamburg besonders ist, findet in der Energiewirtschaft ein Bruch mit der Vergangenheit statt. Getrieben durch

  • den Einbruch der Erzeugermargen für Kohlekraftwerke,
  • das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) und
  • die KWKG-Reform

wird die Frage der Zukunftsperspektive von Assets und Standorten immer drängender für Eigentümer und Stakeholder.

Veränderungen im gesetzlichen Rahmen

Das letzte Kohlekraftwerk wird spätestens Ende 2038 abgeschaltet. Zur Reduzierung der Steinkohlekapazitäten dienen im KVBG grundsätzlich folgende Verfahren:

  • Gebotspreisverfahren mit degressiven Höchstsätzen für einen Steinkohlezuschlag (bis 2027)
  • Gesetzliche Reduzierung (als alleiniges Verfahren ab 2031) ohne Entschädigung.

Ein mögliches Stilllegungsdatum je Block kann, wie unten dargestellt, indikativ auf Basis des gesetzlichen Zielniveaus und der Prämisse einer Außerbetriebnahme nach Anlagenalter (in Anlehnung an die gesetzliche Reduktion im KVBG) hergeleitet werden und einen Ausgangspunkt für die Entwicklung und Bewertung von Handlungsoptionen schaffen.

 

Abbildung 1: Indikativer Stilllegungspfad Steinkohleblöcke 2020–2038, Stand jeweils zum Jahresende (Quelle: Gesamtkraftwerksliste Bundesnetzagentur, Stand 01.04.2020, Basis: in Betrieb befindliche Kraftwerke inkl. Konservierung und Sonderfälle sowie Kraftwerk Datteln IV; KVBG; Analyse LBD)

Mit der Verlängerung bis 2029 und Reform des KWKG wird für Betreiber von Kohle-KWK-Anlagen eine Perspektive für einen Brennstoffwechsel geschaffen. Neue Anlagen erhalten einen nach Inbetriebnahmedatum differenzierten, degressiven und einmaligen Kohleersatzbonus (Kumulierungsverbot mit dem KVBG-Steinkohlezuschlag).

Handlungsoptionen für Assets und Standorte

Diese und weitere mögliche Handlungsoptionen sind im Kontext der Energie-wende und dem Ziel der Dekarbonisierung zu betrachten. Auch wenn ein Fuel-Switch auf Erdgas für einen Ersatz von Kohlekapazitäten attraktiv erscheint, so sind die jeweiligen Standortbegebenheiten einzubeziehen, da diese die Wirtschaftlichkeit erheblich mitbeeinflussen. Die Entscheidung für einen fossilen Energieträger sollte gut begründet sein und die Möglichkeit des Umstiegs auf klimafreundliche bzw. CO2-freie Gase als Perspektive berücksichtigen.
Die Debatte in Hamburg liefert wichtige Impulse für Handlungsoptionen zur Nachnutzung von Kohlekraftwerken und deren Standorte. Was am Ende tatsächlich mit dem Kraftwerk Moorburg passiert, bleibt spannend. Klarheit über die Zukunft des Kraftwerks könnten die für Dezember erwarteten Ergebnisse der 1. Ausschreibung zur Reduzierung der Kohleverstromung bringen.

Ansprechpartner: Maximilian Stalljann