10 Wünsche zur Klima- und Energiepolitik an eine zukünftige Bundesregierung


Liebe Leser:innen,

Klimaschutz und Energiewende und die damit einhergehende Dekarbonisierung der Bereiche Energie, Mobilität, Industrie und Wohnen werden unsere Zukunft und unsere Lebensräume nachhaltig verändern. Anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl haben wir unsere Wünsche an eine zukünftige Bundesregierung in Sachen Klima- und Energiepolitik zusammengefasst.

Generell wünschen wir uns, dass

  • den Bürger:innen die Größe der Aufgabe des 1,5-Grad-Ziels transparent und deutlich vermittelt wird – und nicht weiter der Eindruck erweckt wird, technologische Innovationen würden uns davor bewahren, unsere Lebens- und Wirtschaftsweise grundlegend anzupassen
  • rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass die Kreativität der Akteur:innen auf Innovation und rentable Geschäftsmodelle gerichtet werden kann – und nicht für das Optimieren zwischen verschiedenen regulatorischen Anforderungen verschwendet wird
  • Investitionen in die erforderliche Infrastruktur mit Nachdruck vorangetrieben und gefördert werden – und nicht Technologieoffenheit bis zum Exzess betrieben wird, wodurch zeitliche Verzögerungen oder gar eine Entwertung der Infrastruktur unvermeidlich würden.

Unsere 10 Wünsche an die künftige Bundesregierung im Detail:

  1. Für die politische Rahmen- und Zielsetzung wird das verbleibende CO2-Restbudget gemäß den Projektionen des IPCC zugrunde gelegt, um das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels zu ermöglichen. Entsprechend wird der CO2-Preis zum zentralen Steuerungsinstrument zur Emissionsminderung.
  2. Die aktuell an Einspeisemengen orientierte EEG-Förderung wird überarbeitet und durch ein weniger komplexes Instrument, wie z.B. ein in einer Ausschreibung zu ermittelndes einmaliges Kapazitätsentgelt für den Anlagenbetreiber, ersetzt, sodass Mengenrisiken der Erzeugung nicht vom Investor auf die Allgemeinheit übergewälzt werden.
  3. Die Marktbedingungen für förderfreie EE-Erzeugung (bspw. Green PPA) als zweite Säule der Energiewende werden insbesondere im Hinblick auf verfügbare Flächenpotentiale, beschleunigte Genehmigungsverfahren sowie gesellschaftliche Akzeptanz entschieden verbessert.
  4. Das bestehende Konzessionsvergaberecht wird überarbeitet. Die künftigen Anforderungen an den Strom- und Gasnetzbetrieb (Stichworte: Energiewende und Klimaschutz, Digitalisierung, Sicherheit, Demografie) werden in den Verfahren aktuell nicht angemessen oder überhaupt nicht berücksichtigt. Es krankt an fehlenden Grundsatzentscheidungen des Gesetzgebers, an einer widersprüchlichen Spruchpraxis der Gerichte und an hyperkomplexen Verfahren. Wir wünschen uns stattdessen einen konsistenten Ordnungsrahmen, der sowohl die Interessen der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger als auch der Netzeigentümer und Netzbetreiber berücksichtigt. Ein besseres Konzessionsvergaberecht sollte mit eindeutig formulierten, transparenten und den Umbau des Energiesystems berücksichtigenden Zielsetzungen und Rahmenvorgaben für den Konzessionswettbewerb versehen werden.
  5. Die heute ausschließlich effizienzgetriebene Regulierung der Netze, insbesondere der Gasnetze, wird an den Erfordernissen der Klimaziele neu ausgerichtet. Insbesondere Gasnetzbetreiber brauchen Sicherheit, welchen Beitrag ihre Infrastruktur in einem klimaneutralen Deutschland spielen wird und ob Investitionen werthaltig sind. Dazu benötigen sie eine Verzinsung des in Netzen und Anlagen investierten Eigenkapitals, das der Größe der anstehenden Aufgaben gerecht wird.
  6. Die Digitalisierung der Energiewende muss ihrem Namen gerecht und die Voraussetzungen für eine intelligente Infrastruktur geschaffen werden. Der Rollout intelligenter Messsysteme kann endlich wirtschaftlich starten und dient neben Steuerung und Versorgungssicherheit beim Netzbetreiber auch als Nukleus neuer Geschäftsmodelle und führt zu einer Konvergenz mit den (Sub-) Metering-Märkten der Immobilienwirtschaft.
  7. Ausgehend von den verbleibenden CO2-Restbudgets werden die notwendigen Ziele für den Wärmemarkt klar abgeleitet und kommuniziert sowie deren Erreichbarkeit durch eine angemessene finanzielle Ausstattung der Förderprogramme (insbesondere Bundesförderung für effiziente Gebäude und Bundesförderung effiziente Wärmenetze) gewährleistet.
  8. Der vollständige Kohleausstieg wird bis spätestens 2030 vollzogen. Die an Einspeisemengen orientierte Förderung fossiler Stromerzeugung wird zum Ende des aktuellen KWKG eingestellt und die Versorgungssicherheit zukünftig über Kapazitätsausschreibungen gewährleistet.
  9. Die Energiewende ist auch im Verkehr mit Nachdruck zu vollziehen, indem die Motorisierung zukünftig weitestgehend auf elektrische Antriebssysteme umgestellt wird. Die verkehrsbedingten Emissionen sind möglichst schnell mit verursachergerechten CO2-Preisen zu belegen. Ebenso sollte öffentlicher Raum, wie z.B. Parkraum, gemäß Größe und Wert der in Anspruch genommenen Fläche, mit einem Preis belegt werden, um Nutzungskonflikte zwischen unterschiedlichen Verkehrsträgern zu befrieden. Diese zusätzlichen Einnahmen können Investitionen in eine neue Infrastruktur für umweltfreundliche Fortbewegungsmittel (wie u.a. einen elektrifizierten ÖPNV oder den Fahrradverkehr) refinanzieren.
  10. Abhängigkeiten von Energieimporten aus Ländern mit zweifelhaften oder instabilen Regimen sind zu reduzieren und zukünftig zu vermeiden, ausreichend diversifizierte strategische Partnerschaften sind zu schließen, und die eigene Effizienz und Energieproduktion muss gesteigert werden.

Unabhängig davon, wie die Bundestagswahl ausgehen wird, werden die Klima- und Energiepolitik unsere Zukunft nachhaltig bestimmen. Wir müssen Zukunftsbilder für klimaneutrale Lebensräume entwerfen, insbesondere für die klimaneutrale Stadt und für das Leben auf dem Land. Dies gibt den Menschen Orientierung und zeigt auf, wie Energie, Mobilität, Industrie, Wohnen, … in Zukunft gestaltet sein sollen.