Vorbild für Deutschland? Norwegen überschreitet 50% Neuzulassungsquote bei E-Autos


Norwegen gilt im Bereich Elektromobilität schon seit langem als Vorreiter in Europa, wenn nicht sogar weltweit. Und die Erfolgsgeschichte für das E-Auto in Norwegen schreitet weiter voran. So waren im vergangenen Jahr mit 54,3% erstmals mehr als die Hälfte der neuzugelassenen PKW rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Schon ab 2025 sollen nur noch ausschließlich emissionsfreie Pkw die Straßenzulassung erhalten. Zum Vergleich: in Deutschland erreichte die Neuzulassungsquote für rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge laut Kraftfahrtbundesamt einen deutlich niedrigeren neuen Höchststand von ca. 6,6%.

Tabelle 1: Anteil von rein batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeugen an den jährlichen Neuzulassungen in Norwegen und Deutschland in den Jahren 2013-2020, Quelle: Statista, OFV, Kraftfahrbundesamt, Darstellung LBD,

Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, was man in Deutschland von Norwegen lernen kann. Zweifellos gibt es in Norwegen einige einzigartige Rahmenbedingungen, die den Aufstieg der Batteriefahrzeuge begünstigt haben und die sich nur bedingt auf Deutschland anwenden lassen. Einer der wichtigsten Gründe ist dabei die Verfügbarkeit von preiswertem regenerativem Strom in ausreichender Menge, den Norwegen vor allem der reichlich vorhandenen Wasserkraft verdankt. (Im Jahr 2019 wurden 93,4% der Energieerzeugung aus Wasserkraft gewonnen.) Dadurch hat Strom auch in anderen Sektoren wie z. B. bei der Wärmebereitstellung einen höheren Stellenwert als in Deutschland (mehr als 70% der norwegischen Haushalte heizen mit Strom). Zudem gehört Norwegen dank seiner großen Erdöl- und Erdgasvorkommen zu den reichsten Ländern der Welt und konnte dadurch mehr als andere Länder in den Ausbau der E-Mobilität investieren. Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Weichenstellung zur Elektrifizierung des Individualverkehrs dürfte auch das Nicht-Vorhandensein einer norwegischen Produktion von Pkw mit Verbrennungsmotoren gewesen sein. Als die norwegische Politik in den 90er Jahren damit begann, durch verschiedene Fördermaßnahmen die Elektromobilität Schritt für Schritt wirtschaftlich besser zu stellen, gab es praktisch keine nennenswerte Kritik oder Widerstand – weder aus der Bevölkerung noch aus der Wirtschaft.

Jedoch gibt es in Norwegen auch eine Reihe erfolgreicher Maßnahmen, die auf Deutschland übertragbar sind. So sind zum einen die Kraftstoffpreise, unter anderem aufgrund hoher CO2-Abgaben, deutlich höher als in Deutschland. Zum anderen haben verschiedene Förderprogramme dazu geführt, dass E-Autos heute in vielen Fällen auch über die Laufzeit gerechnet günstiger sind als Autos mit Verbrennungsmotor. So entfällt beim Kauf eines E-Autos nicht nur die Mehrwertsteuer, sondern auch die jährliche KfZ-Steuer. Darüber hinaus zahlen Käufer:innen von Autos mit Verbrennungsmotoren hohe Abgaben, die sich an Gewicht und CO2- sowie Stickstoff-Emissionen des Fahrzeugs bemessen. Zusätzlich genießen Fahrer:innen von E-Autos auch im alltäglichen Verkehr weitere Vorteile: So ist es ihnen nicht nur gestattet Busspuren zu befahren. Bis 2017 war auch die Benutzung von Fähren sowie kommunaler Parkplätze für E-Autos kostenlos. Seit einigen Jahren gilt nun die sogenannte 50%-Regel, die besagt, dass die Ticketpreise für Fähren sowie Park- und Mautgebühren maximal 50% dessen betragen dürfen, was Nutzer:innen von Autos mit Verbrennungsmotoren zu zahlen haben.

Auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur wurde in Norwegen konsequent vorangetrieben und so sind laut des European Alternative Fuels Observatory (EAFO) bereits 14.000 normale und 4.700 Schnell-Ladestationen, d.h. ca. 900 Schnelladestationen pro 100 km Autobahn, in Norwegen in Betrieb. Zum Vergleich: in Deutschland gibt es laut EAFO gerade einmal 53 Schnelladestationen pro 100 km Autobahn (insgesamt 37.000 normale und 6.800 Schnell-Ladestationen).

Verglichen mit Norwegen hat Deutschland also noch einiges an Rückstand aufzuholen, aber mittlerweile scheint die E-Mobilität auch bei uns so langsam an Fahrt aufzunehmen, nicht zuletzt durch ein Umdenken in der deutschen Automobilindustrie und deutlich gestiegene Förderungen für die Neuanschaffung und für private Ladestationen an Wohngebäuden. Gemessen an den Neuzulassungen erreichten E-Autos im vergangenen Jahr neue Rekordzahlen. Laut KBA hatten bereits 13,5 % aller in 2020 neu zugelassenen Pkw einen elektrischen Antrieb (batterieelektrisch, Plug-In, Brennstoffzelle).

Damit Deutschland seine eigenen Klimaschutzziele erreicht, muss dafür gesorgt werden, dass die E-Mobilität in Deutschland weiter auf Erfolgskurs bleibt. Am Beispiel von Norwegen lässt sich erkennen wie es funktionieren könnte.

Ansprechpartner: Dr. Norman Ruhnke