Öffentliche Versorgungsunternehmen in der Verantwortung


Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat uns alle zu Betroffenen gemacht. Dennoch sind die Auswirkungen der Pandemie in hohem Maße unterschiedlich.

Die Energiewirtschaft hat sich als eine vergleichsweise stabile Branche erwiesen. Die durchaus düsteren Erwartungen zu Beginn der Krise haben zentrale Marktindikatoren wie die Strommarktpreise und Preise für Emissionsrechte in den Keller gedrückt. Rückblickend haben sich diese Entwicklungen als relativ kurzfristige Markteinschätzungen erwiesen, die nicht von langer Dauer waren.

Vollkommen anders stellt sich die Situation derzeitig in angrenzenden Wirtschafszweigen dar. Mobilitätsdienstleistungen sind bis heute deutlich härter von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Hierzu zählt neben den neuen Mobilitätsdienstleistungen insbesondere der Bereich des öffentlichen Nahverkehrs. Der anhaltende Nachfrageeinbruch und die dadurch angehäuften Verluste sind für Stadtwerke zu einer Herausforderung geworden, wenn sie selbst oder innerhalb eines steuerlichen Querverbundes Mobilitätsdienstleistungen anbieten.

Das ist tragisch, da wichtige Investitionsentscheidungen im Mobilitätsbereich generell ins Hintertreffen geraten könnten. Denn trotz der Corona-Krise hält die dynamische Entwicklung der Elektromobilität an. Sie trotzt sogar der aktuellen Absatzschwäche der Automobilbranche. Es werden deutlich mehr Elektrofahrzeuge verkauft als zuvor. Aktuell gibt es sogar einen deutlichen Nachfrageüberhang, der nicht aus der laufenden Produktion bedient werden kann. Vergleichbares gilt auch für den öffentlichen Nahverkehr.

Die Elektrifizierung des Verkehrssektors war schon vor der Corona-Pandemie ein Wachstumsmarkt und wird es auch weiterhin bleiben. Ein Spielen auf Zeit und das Verschieben weitsichtiger Investitionen wegen der aktuellen Lage könnte sich als ein langfristiger Bumerangeffekt erweisen. Es braucht gerade jetzt Stabilität bei den Investitionen in die Zukunft der Mobilität. In dieser Situation kommt es auf die Versorgungsunternehmen der Verkehrs- und Energiewirtschaft an.

Anderes Geschäftsfeld, anderer Fall. Die Digitalisierung und die Ausweitung von Homeoffice-Arbeitsplätzen wird den Breitbandausbau vorantreiben. Aktuell sind nur etwa 4,1 % der Breitbandanschlüsse in Deutschland durch Glasfaser realisiert. Dies entspricht Platz 34 im OECD-Länder Ranking.

Laut dem Bundesverband für Breitbandkommunikation erkundigten sich 49 % der Bestandskunden während der Lockdown-Monate nach einem Tarif mit höherer Bandbreite. Zukünftig rechnet der Verband mit einen Datenwachstum von 30 % pro Jahr. Dieses Wachstum wird nur mit Glasfasernetzen bedient werden können. Hier entstehen insbesondere abseits des geförderten Breitbandausbaus neue Wachstumschancen sowohl in urbanen Räumen als auch im ländlichen Raum.

Die öffentliche Versorgungswirtschaft sollte diese Versorgungslücke nicht den Finanzinvestoren überlassen, die sich immer stärker für den unterentwickelten deutschen Breitbandmarkt interessieren. Neben Strom, Gas und Wasser ist das Breitbandnetz die letzte noch unvollendete flächendeckende Infrastruktur, deren langfristige Erträge am besten in kommunalen Unternehmen aufgehoben sind.

Zu Beginn der Krise hat es viel Zeit und Kraft gekostet, sich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Dieser Zustand ist nun überwunden. Insbesondere öffentliche Unternehmen, die sich in der Zeit der Krise als ein stabilisierender Anker der Wirtschaft erwiesen haben, zeigen spürbar neuen Mut und sollten diesen dazu nutzen, bestehende Chancen wieder aufzugreifen und neue Themenfelder zu entwickeln.

 

Ansprechpartnerin: Claudia Schlemmermeier