Superwahljahr 2021 – Wie stehen die Parteien zum Klimaschutz?
Klimaschutz ist spätestens seit dem verheerenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eines der zentralen Themen, vielleicht sogar das wichtigste Thema im aktuellen Wahlkampf. Dementsprechend große Passagen widmen die Parteien diesem in ihren Wahlprogrammen. Alle Parteien mit dem Anspruch auf Regierungsverantwortung, außer der AfD, schreiben sich den Klimaschutz auf die Fahnen und bekennen sich zum Pariser Abkommen. Bis spätestens 2050 soll Deutschland klimaneutral sein. Die konkreten Zwischenziele auf dem Weg dahin sowie die Pläne und Ideen, wie diese erreicht werden sollen, weichen teilweise jedoch stark voneinander ab.
Die Union und die FDP wollen Klimaschutz mit Wirtschaftswachstum verbinden. Statt klarer Vorgaben und Obergrenzen setzen die Parteien auf die Kräfte des Marktes. Die Union bekräftigt in ihrem Programm das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045, die FDP will dies bis 2050 erreichen, ggf. auch früher. Ein zentrales Element der Klimapolitik stellt für beide Parteien der CO2-Handel dar. Der CO2-Preis soll steigen, einen konkreten CO2-Preispfad geben die Parteien jedoch nicht vor. Ähnliches gilt für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Dieser solle beschleunigt werden, konkrete Ausbaupfade werden nicht genannt. Im Bereich der Mobilität setzen CDU/CSU und die FDP auf Technologie-Offenheit, statt auf Verbote.
Auch die SPD orientiert sich am neuen Klimaschutzgesetz und will bis 2045 Treibhausgasneutralität in Deutschland erreichen. Dazu soll der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Klare Ausbauziele formuliert auch die SPD nicht. Konkretere Vorgaben und Ideen gibt es im Bereich Verkehr, bspw. ein Tempo-Limit von 130 km/h auf Autobahnen sowie die Zielmarke von mindestens 15 Mio. elektrischen Pkw bis 2030.
Ambitioniertere Wahlprogramme im Hinblick auf den Klimaschutz haben die Grünen und die Linken vorgestellt und werden dabei konkreter als Union, SPD und FDP. Die Grünen wollen Klimaneutralität bis 2040 erreichen und planen dazu ein Klimaschutz-Sofortprogramm, welches unter anderem die Schaffung eines Klimaschutzministeriums vorsieht – ausgestattet mit einem Veto-Recht, sollten Gesetzespläne nicht mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sein. Auch die Linken wollen mehr Tempo beim Klimaschutz. Klimaneutralität soll bereits bis 2035 erreicht sein. Als Zwischenziel formulieren die Grünen eine Minderung der Treibhausgasemissionen von 70 % bis 2030, die Linken wollen die Emissionen bis zu diesem Zeitpunkt um 80 % gegenüber dem Bezugsjahr 1990 senken. Um die Ziele zu erreichen, soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch nach den Vorstellungen beider Parteien bis 2035 auf 100 % steigen. Dazu werden in beiden Programmen klare Ausbauziele formuliert. Darüber hinaus sprechen sich beide Parteien für ein Verbot von Verbrennern bis 2030 aus, ebenso für ein Tempo-Limit auf Autobahnen.
Unabhängig davon wie die Bundestagswahl im September ausgeht und welchen Ansatz Deutschland zukünftig beim Klimaschutz verfolgen wird – die kommende Bundesregierung (und so auch jede andere Regierung der Welt) muss den Ausstoß von Treibhausgasen schnellstmöglich und deutlich reduzieren. Sollte dies nicht gelingen, werde die globale Mitteltemperatur schon in den kommenden 20 Jahren die kritische Schwelle von 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Wert überschreiten, wie der aktuelle Bericht des Weltklimarates deutlich macht. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte Ende April geurteilt, dass jegliches Handeln in Übereinstimmung mit dem langfristigen Klimaziel stehen muss: einer Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C.