Die agile Organisation und warum klassische Organisationen an ihre Grenzen kommen


Liebe Leser:innen,
besonders in turbulenten Märkten mit wandelnden Kundenbedürfnissen wird Agilität zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Schnelle Entscheidungen, Anpassungsfähigkeit und Kundenverständnis werden immer wichtiger für unternehmerischen Erfolg.

Klassische Organisationen kommen hier immer häufiger an ihre Grenzen. Funktional organisierte Unternehmen stehen vor der Herausforderung, weniger anpassungsfähig und behäbig zu sein. Entscheidungen sind oftmals zentriert, Führungskräfte sind oftmals durch zu viele Entscheidungen überfordert. Immer anspruchsvollere Kompetenzprofile durch komplexer werdende Problemstellungen scheinen notwendig. Wer soll das steuern (können)?

In klassischen Organisationen zieht sich die Customer Journey in der Regel über eine Vielzahl von Bereichen und Einzelleistungen eines Unternehmens. Funktional organisierte Teams betrachten dann oftmals nur ihren Teil der Kundenreise – ihre Verantwortung endet an den jeweiligen Schnittstellen. Im Ergebnis führt dies häufig zu schlecht koordinierter Zusammenarbeit, langen Kommunikationswegen in der Hierarchie, Wissenssilos zwischen den funktionalen Bereichen.

In vielen Unternehmen sind häufig schon neue Zusammenarbeitsformen und Arbeitstechniken unter Begriffen wie z.B. „New Work“ eingeführt worden. Hinsichtlich der aktuellen Anforderungen, kann das aber nur der Anfang sein. Optimierte Formen der Zusammenarbeit führen in Summe nicht unbedingt zum besten Ergebnis aus Sicht der relevanten Kunden und damit für den Markterfolg.

Wertströme als zentraler Baustein agiler Organisationen

Wir sind der Überzeugung, dass die oben beschriebenen Herausforderungen bleiben und bewältigt werden können, wenn der Schwenk zu einem agilen Organisationsmodell gelingt. Der Fokus sollte auf dem gesamten Wertstrom des Unternehmens aus Kundensicht und der Gestaltung teamübergreifender Prozesse liegen. Statt dem bestmöglichen Management von menschlichen Interaktionen sollte die Frage nun lauten: “Wie befähige ich die Mitglieder meiner Organisation am besten, Wert für unsere Kunden zu erzeugen?”

Unter einem Wertstrom werden alle Prozesse und Aktivitäten verstanden, die relevant sind, bis ein Kunde / Nutzer ein Produkt oder eine Dienstleistung erhalten hat – vom Rohstoff bis zum fertigen Endprodukt. Der Weg entlang des Wertstroms prägt die Customer Journey respektive Experience, also das Kundenerlebnis.

Agile Organisationen stellen sicher, dass der Arbeitsfluss innerhalb des Wertstroms nicht ins Stocken gerät, Schnittstellen vermieden werden und Produkte schnellstmöglich zu dessen Zufriedenheit an den Kunden gebracht werden.

Was heißt das für die Energiewirtschaft?

Es gibt nicht die eine agile Organisation bzw. die eine Wertstromorganisation. Es gibt nur Charakteristika, die agile Organisationen gemein haben, wie Kundenzentrierung, Agilität, Anpassungsfähigkeit, Verantwortungsgefühl durch die Mitarbeitenden, Lernfähigkeit und eine konsequente End-to-End-Sicht. Kleine selbstorganisierte Teams prägen sie. Führungsverantwortung kann in fachlicher, methodischer und disziplinarischer Verantwortung unterschieden werden.

Wie heißt das nun für ein Energieversorgungsunternehmen? Denkbar ist eine Ausgestaltung der Wertströme, z. B. auf die Energielieferung (Produkt), auf B2C (den Kunden) oder die Kundengewinnung (Prozess). Alle Tätigkeiten liegen dann End2End im Wertstrom.

In der Praxis wird eine reine Wertstromorientierung meist nicht sinnvoll sein. Daher finden sich oftmals sekundäre Organisationsprinzipien vor – in Richtung einer Matrixorganisation. Dies ermöglicht insbesondere den wertstromübergreifenden Fachaustausch. Wichtig dabei ist, dass die Wertströme maßgebend sind.

Die derzeit in der Energiewirtschaft bestehende Bedarf zur Transformation ist durchaus ein gutes Momentum für einen Umbau hin zur agilen Organisation.

Wie geht man es an?

Wir empfehlen einen fokussierten, zielgerichteten Ansatz in gemeinsamer Erarbeitung mit dem Führungsteam und folgendem Vorgehen:

  1. Ziele der neuen Organisation klar werden und gegen die Ziele sowie Stärken und Schwächen der heutigen Organisation spiegeln.
  2. Identifikation und Beschreibung von Wertströmen – End2End entlang der Customer Journeys
  3. Beleuchtung von Einsatzmöglichkeiten agiler Arbeitsmethoden – und deren Chancen und Grenzen
  4. Beschreibung des künftigen übergreifenden Zusammenarbeitsmodells und deren Schnittstellen
  5. Beschreibung des Führungsmodells und deren Rollen und Verantwortlichkeiten
  6. Definition eines Steuerungsmodells durch Beschreibung der künftigen Governance-Strukturen (Berichte, Kennzahlen)
  7. Überführungsmodell von der bestehenden in die neue Organisation
  8. Vorbereitung der Umsetzung und des GoLive.

Erfolgskritisch ist dabei insbesondere die Transformationsbegleitung: Dem Prozess und den angestrebten Veränderungen Raum und Zeit zu geben. Diskussionen zulassen. Ambiguitätstoleranz zu fördern. Wichtig ist, die Menschen mitzunehmen. Durch Erklären und Beteiligung. Nur wenn die gesamte Organisation das neue Modell trägt, kann eine Wertstromorganisation dauerhaft zur Erfolgsgeschichte werden.

Ansprechpartner: Dr. Andreas Hense, Geschäftsführer und Bastian Wolff, Berater

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