EWeRK-Veranstaltungsreihe zu Stromkonzessionsverfahren erfolgreich abgeschlossen
„Auswahlkriterien in Stromkonzessionsverfahren – Aktuelle Anforderungen und zukünftige Markttrends“, unter diesem Titel stand eine Veranstaltungsreihe des EWerK. Organisator des viermaligen Online-Dialogs war das Institut für Energie- und Wettbewerbsrecht in der kommunalen Wirtschaft e.V. an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (EWeRK). Die LBD war Mitinitator sowie Anlassgeber mit dem im Oktober 2020 publizierten Katalog „Zukünftiger Marktstandards in Konzessionsverfahren“ (ZuMa-Katalog). Mit dem ZuMa-Katalog wollte die LBD die Diskussion um angemessenere Auswahlkriterien sowie einfachere Strom- und Gaskonzessionsverfahren in Gang setzen. Hintergrund sind v.a. die Änderungen im Netzbetrieb in der kommenden Konzessionsperiode aufgrund der Megatrends Energiewende und Klimaschutz, Digitalisierung, Gefahrenabwehr, Demografie und Fachkräftemangel (www.lbd.de/zuma).
Wichtig war den Initiatoren EWeRK und LBD, in der Veranstaltung sowohl die Perspektiven von Netzbetreibern als auch von den Kanzleien zu Wort kommen zu lassen. Die knapp 80 Vertreter:innen von etwa 25 Netzbetreibern und 20 Kanzleien, die Strom- und Gaskonzessionsverfahren betreuen, hatten somit – ebenso wie die Vertreter:innen von Ämtern und Landeskartellbehörden – Gelegenheit, die Perspektive der jeweils anderen Seite zu diskutieren.
Jede Veranstaltung wurde von Dr. Christof Schorsch (LBD) mit einer Vorstellung von Marktstandards aus dem ZuMa-Katalog zum jeweiligen §1-Kriterium des EnWG eröffnet. Die Referent:innen aus dem Kreise der Kanzleien waren RA Uwe Rühling (Rühling Anwälte), RA Ferdinand v. Petz (Boos Hummel & Wegerich), RA Dr. Hans Heller (Raue), RA Dr. Heiko Hofmann (Görg), RA Dr. Laurenz Keller-Herder und RA’in Friederike Franzen (EY Law). Referent:innen von Netzbetreibern waren Andreas Winkmann (NBB), Daniel Jundt (Netze BW), Sascha Gödecke (Westfalen Weser Netz) und Dr. Ronald Heinze (Stadtwerke Rhede)
Überraschenderweise gab es wenig Fundamentalopposition zum ZuMa-Katalog. Gewürdigt wurde vielmehr der Ansatz, mit neuen, auch innovativen Kriterien geänderten Verhältnissen im Netzbetrieb in der kommenden Konzessionsperiode Rechnung zu tragen, ebenso wie der Versuch, eine einfachere Bewertungssystematik für die Verfahren zu finden. Einige Jurist:innen äußerten den Wunsch, selbst dazu beizutragen, die Kriterien des ZuMa-Katalogs noch rechtssicherer zu gestalten. Während der Veranstaltung wurde der ZOOM-Chat ausgiebig genutzt, um einzelne Diskussionspunkte zu vertiefen.
Diskussionsthemen von grundsätzlicher Bedeutung waren bspw. die Spruchpraxis des BGH und der Oberlandesgerichte, die Suche nach Differenzierungsmerkmalen im Konzeptwettbewerb, absolute vs. relative Bewertungsmethodik u.a.m. Zu spüren war aber auch eine gewisse Verzagtheit angesichts eines Systems, das selbst von den Beteiligten als hyperkomplex, streitbehaftet und volkswirtschaftlich von durchaus eingeschränktem Nutzen angesehen wurde. In der Einschätzung, wie dieses System zu verändern sei – durch Einfluss auf den Gesetzgeber, die Spitzenverbände, BNetzA und Kartellämter oder eine andersgeartete Praxis – gingen die Meinungen dann auseinander. Ein Argument war auch, die Gerichte erzwängen mit ihrer Spruchpraxis ein bestimmtes Vorgehen, das zwar eine einfache Bewertung zulasse, das aber zu Sinnloskriterien führe (wie dem vielzitierten Netzkundencenter in einer 1.000-Seelen-Gemeinde) und zu mittlerweile fünfhundert- bis tausendseitigen Netzbetriebskonzepten.
Dr. Schorsch äußerte in seinem Schlusswort die Hoffnung, dass die teilnehmenden Kanzleien sich vom ZuMa-Katalog inspirieren lassen. Die LBD habe bewusst auf einen Copyrightvorbehalt verzichtet. Er freue sich, dass es in Süddeutschland bereits Verfahren gegeben habe, in denen sich Spuren des ZuMa erkennbar wiederfinden ließen.
Dr. Mirko Sauer als wissenschaftlicher Leiter des EWeRKs und Moderator der Veranstaltung betonte in seinem Fazit, dass nicht nur die Frage der Rechtmäßigkeit, sondern immer auch die der Zweckmäßigkeit der Auswahlkriterien gestellt werden müsse. Dies vor Augen und insbesondere vor dem Hintergrund der energiewendebedingten Veränderungen des Netzbetriebs, der angestrebten Digitalisierung und der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung sei eine flächendeckende Inventur und Aktualisierung der gängigen Kriterienkataloge angezeigt. Der ZuMa-Katalog liefere hierfür wichtige Denkanstöße.
Ansprechpartner: Dr. Christof Schorsch