Weg von russischen Energieimporten – wie hoch ist das Einsparpotenzial privater Haushalte?


Liebe Leser:innen,

aktuell kursieren viele Vorschläge, wie die Abhängigkeit von russischen Energieimporten reduziert werden kann. Neben der Diversifizierung der Lieferketten und dem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren gewinnt das Thema Energieeffizienz an Bedeutung. „Die beste Energie ist die, die gar nicht verbraucht wird“, so der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner. Und auch die Politik ruft die Bürger:innen eindringlich zum Energiesparen auf. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von Leyen sieht dies sogar als oberste Bürgerpflicht.

In unserem letzten Insight sind wir bereits auf unsere individuellen Möglichkeiten eingegangen, einen Beitrag zur Unabhängigkeit und Sicherheit der deutschen Energieversorgung zu leisten. Im Folgenden beleuchten wir die Potenziale eines typischen deutschen Haushalts genauer. Dabei fokussieren wir uns auf die Senkung des Heizenergiebedarfes und des Stromverbrauchs.

In der Literatur herrscht der Konsens, dass eine Senkung der durchschnittlichen Raumtemperatur um lediglich 1° Celsius eine Reduktion des Energieverbrauchs um 6% bewirken kann. Wenngleich dieser Effekt von vielen Faktoren abhängig ist, würden nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur zufolge eine EU-weite Absenkung der durchschnittlichen Raumtemperatur von 22° auf 21° Celsius die jährliche Gasnachfrage um 100 TWh senken. Über 2,5% des EU-Gesamtverbrauchs von 3.800 TWh könnten also mit nur einem Grad eingespart werden.

Geht man also von einem jährlichen Durchschnittsverbrauch für Raumwärme von 12.500 kWh in einem gasbeheizten Haushalt aus, können durch die Senkung der Raumtemperatur um 1° Celsius beim aktuellen Preisniveau jährlich über 110 Euro* gespart werden. Neben der gesellschaftlichen Verantwortung also auch ein finanzieller Anreiz.

Zudem besteht im Hinblick auf die Erzeugung von Warmwasser sowie Prozesswärme weiteres Einsparpotenzial. Laut einer Schweizer Studie kann bei der Warmwasserbereitung ein langfristiger Spareffekt von 7% durch bewusstes Verhalten hervorgerufen werden. Für einen Haushalt mit zentraler Warmwasserbereitung und Gasheizung bedeutet das eine jährliche Einsparung von 180 kWh, also aktuell knapp 30 Euro* pro Jahr.

Auch in Bezug auf den Stromverbrauch kann laut dena bewussteres Verhalten ein Einsparpotenzial von bis zu einem Drittel realisieren. Hierbei muss erwähnt werden, dass das Einsparpotenzial pro Haushalt sehr variabel ist, da es beim Stromverbrauch die meisten Verbrauchsfaktoren gibt. Ein Durchschnittshaushalt in Deutschland könnte demnach 980 kWh sparen – bei aktuellen Strompreisen* durchschnittlich fast 400 Euro** pro Jahr.

Einmal mehr können wir nur unterstreichen, dass der Hebel länger ist, als viele glauben. Wichtig ist, wir müssen alles tun, was möglich ist, um die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu mindern.

*Angenommen werden der durchschnittliche Gaspreis im März 2022 von 14,9 ct/kWh laut Angaben von Check24 sowie der anwendungssegmentierte Energieverbrauch pro Haushalt für das Jahr 2019 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.
** Angenommen werden der bundesweit durchschnittliche Stromverbrauch (3.251 kWh/Jahr) sowie ein aktueller Durchschnittspreis von 40,64 ct/kWh laut Angaben von verivox. 
Quellen: dena, BMK, UBA, destatis, UVEK Schweiz, BFE Schweiz, Verivox Verbraucheratlas

Ansprechpartner:innen:
Votra Berisha, Research Analyst, LBD-Beratungsgesellschaft
Falk Pöppel, Research Analyst, LBD-Beratungsgesellschaft