Strategische Handlungsempfehlungen für Energieversorger in der aktuellen Gaskrise


Die aktuelle Nachrichtenlage und auch die jüngst vollzogenen Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland erhöhen die Unsicherheiten im Handel und treiben die Preise. Die Märkte sind zunehmend im Panikmodus. Schon ein antizipierter Gasmangel führte mehrfach zu Preisschocks. Dies betrifft sowohl Gaspreise als auch Strompreise, da Gaskraftwerke derzeit in der Regel preissetzend sind.

Für das Schließen offener Positionen in den nächsten Monaten bzw. Jahren sind diese Preisentwicklungen maßgeblich bis kritisch. Massive Preisanstiege sind vor allem im kurzfristigen Handel, aber auch am Terminmarkt sichtbar.

Durch die Preisturbulenzen entstehen für ein mittleres Stadtwerk Risiken im Millionenbereich

Stadtwerke werden neben explodierenden Marktpreisen mit weiteren Unsicherheiten konfrontiert, die die Liquiditätsrisiken weiter treiben. Sie sind zur Reduktion der Komplexität im Folgenden einzeln aufgeführt, obwohl sie sich in der Realität überlagern und gegenseitig beeinflussen können.

Kaltjahr: Im Falle eines Kaltjahres wird es trotz Einsparmaßnahmen zu einem erhöhten Gasbedarf im Vergleich zu einem Normaljahr kommen.

Abwanderung Gas zu Strom: Es ist angesichts des aktuellen »Runs« auf Stromheizungen denkbar, dass Verbraucher:innen zumindest partiell Strom anstatt Gas zum Heizen nutzen. Die daraus folgende Stromunterdeckung stellt trotz des korrespondierenden Gasüberschusses ein erhebliches finanzielles Risiko dar.

Zahlungsausfall: Je höher die Großhandelspreise sind, die an die Verbraucher weitergegeben werden, desto höher ist erfahrungsgemäß die Ausfallquote bei den Zahlungen. (siehe auch LBDinsight vom 16. Juli 2022)

Alternative Rahmensetzung (hin zu § 24 EnSiG): Es erfolgt eine Weitergabe der Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung russischen Gases entlang der Lieferkette. Die verzögerte Weitergabe der Mehrkosten für die Stadtwerke an deren Kunden stellt ein weiteres Risiko dar.

Aus der folgenden beispielhaften Rechnung für ein Stadtwerk mit einem Portfolio von 600 GWh Gas und 300 GWh Strom lässt sich erkennen, dass – je nachdem welches Risiko sich materialisiert – zusätzliche Kosten bis hin zu achtstelligen Eurobeträgen anfallen können.

Quelle: Refinitiv, Preise Strom und Gas (THE), Stand 31.08.2022; Mittlere Endkundenpreise, Stand: 05.09.2022 (ene‘t), mittlere Endkundenpreise Strom und Gas, Stand: 05.09.2022; LBD-Analysen.

Strategische Handlungsempfehlungen für Energieversorger: Risiken identifizieren, bewerten, kommunizieren und begrenzen

  1. Systematische Erfassung und Bewertung der Risiken dem Grunde und der Höhe nach.
  2. Betrachtung für alle Produkte (also einschließlich Fernwärme) inkl. deren Wechselwirkungen.
  3. Frühzeitige Information der Stakeholder über Risiken und deren Eintrittswahrscheinlichkeit.
  4. Handlungsspielräume erkennen und nutzen:
  • Offene Positionen schließen
  • Erforderliche Preisanpassungen zeitnah angehen
  • Ergebnis-/Liquiditätsmanagement.

Das strategische Risikocontrolling und -management sind in der aktuellen Marktlage ein erfolgskritischer Faktor. In unseren Projekten sehen wir diese und weitere Herausforderungen und können einen wertvollen Beitrag dabei leisten, sie zu meistern. Sprechen Sie uns an.